Tagesstrecke: 54,03 Km; 12,30 Km/h
Gestern habe ich mich spontan entschieden, noch eine Radtour in diesem Jahr zu machen. Die Wetterprognosen sind für Novemberdekade recht positiv, es soll sich ein sogenanntes Beton-Hoch über Deutschland erstrecken. Das heißt es wird keinen Regen und für die Jahreszeit relativ milde Temperaturen geben. Also packe ich meine Sachen zusammen und fahre heute nach Waren an der Müritz. Ich möchte die Havel entlang bis Berlin und dann zur Spree wechseln und bis Cottbus radeln. Mal sehen, ob es klappt.
Die Bahnfahrt verläuft erwartungsgemäß wieder einmal nicht ohne Zwischenfälle. Der ICE, mit dem ich bis Berlin fahre, muss einen Umweg nehmen, weil auf der Hauptstrecke zwischen Wittenberg und Berlin wegen eines Notarzteinsatzes gesperrt ist. Das führt zu 45 Minuten Verspätung, macht aber insofern nichts, weil ich in Berlin etwas über eine Stunde Umstiegszeit gehabt hätte.
Leider werde ich dann noch Zeuge eines ziemlich hässlichen Unfalls auf einer Rolltreppe. Eine Frau schiebt einen Buggy mit einem Kind von etwa vier bis fünf Jahren auf die Rolltreppe, der Buggy entgleitet ihr, überschlägt sich, dass Kind wird dabei hinausgeschleudert, überschlägt sich mehrmals, der Buggy schiebt sich dann wieder über das Kind und beide kommen kurz vor dem Ende der Rolltreppe zum liegen, das Kind unter dem Buggy. Die Frau schreit natürlich und, wahrscheinlich Gott sei Dank das Kind auch, sein Gesicht ist allerdings schon blutüberströmt. Mehrere Personen eilen aber sofort zu dem Kind und ziehen es erst einmal aus der Gefahrenzone von der Rolltreppe. Ich komme etwa in 10 Metern Entfernung an der Stelle vorbei und da sich nun mehrere um den Jungen kümmern, mache ich mir nur Gedanken, ob und wie man nun den Rettungsdienst informiert. Aber da eilt dann auch schon eine Bahnbedienstete herbei und telefoniert, offensichtlich um den Rettungsdienst herbeizurufen. Das Gesehen begleitet mich noch eine ganze Zeit. Angesichts der Tatsache, dass es an den Bahnsteigen des Berliner Hauptbahnhofs überall Aufzüge gibt, ist das Verhalten der Mutter schon mehr als fahrlässig gewesen. Ich nehme hier auch mit dem Fahrrad immer den Aufzug, weil man mit solchen Geräten auf Rolltreppen auch immer andere gefährden kann und diesmal sogar das eigene Kind.
Der Zug nach Waren ist dann erfreulicherweise ausgesprochen pünktlich und kommt auf die Minute genau in Waren an. Hier muss ich mir dann noch eine Flasche Wasser besorgen. Dann geht es los. Mein heutiges Ziel ist erst einmal die Havelquelle etwa 30 Kilometer südöstlich von Waren. Die Landschaft ist auch hier sehr herbstlich bunt. Leider ist der Tag heute recht trübe. Nebel und Wolken lassen keine Sonnenstrahlen durch. Heute ist es auch noch sehr windig, das soll sich aber ab morgen auch wieder beruhigen. Die Landschaft ist sehr wellig, eine typische Endmoränenlandschaft. Es sind zwar keine großen Höhen zu überwinden aber es geht ständig auf und ab. Ab und zu sieht man größere Felsbrocken, sogenannte Findlinge, einzelne sehr große Steine, die auch durch durch das vordringende Eis der Eiszeit hierher geschoben wurden und meistens aus Skandinavien stammen.
Irgendwo auf einer Bank mache ich dann eine Mittagspause und verspeise meine mitgebrachten Brötchen. Dann geht es weiter. In Ankershagen mache ich einen kurzen Stopp am Heinrich-Schliemann-Museum. Es ist das alte Pfarrhaus direkt gegenüber der Kirche von Ankershagen, wo Heinrich Schliemann seine Kindheit verbrachte. Sein Vater war dort der örtliche Pfarrer. Leider ist die Kirche, die zwischen Ostern und dem Reformationstag als Radfahrerkirche geöffnet ist, heute verschlossen.
Also fahre ich die restlichen vier Kilometer nun zur Havelquelle, die an einem Ausfluss des Mühlensees angelegt wurde. „Angelegt“ ist wohl der richtige Ausdruck, weil eigentlich die umliegenden Seen das Havelquellgebiet bilden, von denen der Mühlensee nur der letzte ist. Vor einigen Jahren saß ich hier schon einmal bei strahlendem Sonnenschein, heute wirkt der Ort im dunstigen Grau natürlich etwas traurig. An der Havelquelle steht eine Granitstelle mit den Namen der Städte durch die die Havel fließt, beginnend mit Ankershagen und endend mit Havelberg.
Nachdem ich dort einige Minuten verweilt habe und Fotos von der Quelle und vom Mühlensee gemacht habe, mache ich mich nun auf dem Weg zu meinem heutigen Übernachtungsziel. Über Pieversdorf und Kratzeburg geht es nach Dalmsdorf. Es war etwas schwierig in der Gegend noch eine Übernachtung zu einem angemessenen Preis zu finden. So hatte ich gestern telefonisch mir eine kleine Ferienwohnung hier im Gasthof Zu den Linden buchen können, der aber auch schon seine Winterruhezeit eingeleitet hat. Dort nahm mich dann auch die üppige Vermieterin in Empfang, erklärte mir alles und zog dann wieder von dannen. So bekam ich zwar eine Übernachtung, aber weder Frühstück noch Abendessen. Für ersteres hatte ich meine Reste von zu Hause mitgebracht, für das Abendessen musste ich dann in den Nachbarort Granzin fahren, wo ich zumindest eine gut Pizza und vor allem ein Bier bekam.
Soweit der heutige Tag.
Ein wunderschöner Bericht. Hat mir sehr gefallen