Tagesstrecke: 71,21 Km; 390 Hm; 13,73 Km/h
Am Morgen ist der Himmel noch bedeckt, klart aber immer mehr auf und die Temperaturen steigen heute bis auf 24 Grad. Das ist ein angenehmes Fahrradwetter. Die Unterkunft hat sich als sehr gut erwiesen, wenn man vorzeitig für Frischluft mit der Klimaanlage gesorgt hatte und anschließend vor dem zu Bett gehen die Fenster schloss, bekam zumindest ich, „Dank“ meiner Schwerhörigkeit, vom Straßenlärm und den Aktivitäten an der die ganze Nacht geöffneten Tankstelle nichts mit. Kurzum, ich habe gut geschlafen. Auch das Frühstück ist sehr erfreulich Ich bekomme heute auch mal wieder Müsli, was eine gute Grundlage für den Tagesbeginn ist.
Die ersten 40 Kilometer geht es durch ein flaches aber leicht welliges, waldreiches und teilweise landwirtschaftlich genutztes Gebiet. In Bedlenko mache ich einen kurzen Stopp und fotografiere die dortige Kirche. Hinter Bedlenko komme ich dann für die nächsten drei Kilometer wieder auf einen Weg mit losem Untergrund, was meine Reisegeschwindigkeit erheblich reduziert. In Zarnow schaue ich mir noch die dortige Kirche des Heiligen Nikolaus von außen an. Während der ursprüngliche Kirchenbau auf das Jahr 1196 zurückgeht, beruht die heutige Ansicht auf einer Restaurierung und Erweiterung nach dem Brand im Jahr 1893. Der ursprüngliche Tempel ist heute das Querschiff des heutigen. Fragmente von Mauern und romanische und gotische Details sind teilweise erhalten geblieben. Leider kann man in die Kirche nicht hinein, sie lässt aber Blicke durch eine Glastür in das Innere zu. Allerdings stößt das Auge auf Dunkelheit und man kann nichts sehen. Zu meiner Überraschung bekomme ich dann mit dem iPhone ein Bild hin, was den Innenraum sehr gut erkennen lässt.
Durch Zarnow führt eine Nationalstraße mit heute viel LKW-Verkehr. Sehr unangenehm. Es herrscht viel Lärm in dem kleinen Ort. Als ich dann aus dem Ort herausfahre und über Nebenstraßen fahre, breitet sich wieder Ruhe aus. Der Autoverkehr ist wieder einmal minimal, obwohl ich durch zahlreiche adrette Dörfer fahre. Polen ist heute wirklich nicht mehr grau, wie noch Anfang der 1990er Jahre. Selbst die Dörfer strahlen Farbenfreude aus. Und es gibt zahlreiche neue Gebiete mit neuen Einfamilienhäusern. In Polen scheint sich eine Mittelschicht entwickelt zu haben, die offensichtlich inzwischen einen Wohlstand erreicht hat, der den Bau des eigenen Häuschens zulässt.
Ich fahre nun die nächsten 20 Kilometer durch dieses ruhige und immer noch waldreiche Gebiet. Irgendwann meldet sich dann ein Hungergefühl und ich halte an einem Gedenkstein der polnischen Heimatarmee und packe meine Reste vom gestrigen Mittagslunch aus und beginne sie zu verspeisen. Dann bremst es plötzlich hinter mir und als ich mich umdrehe steht mein Freund Darek vor mir. Wir hatten uns für heute verabredet. Wir umarmen uns und freuen uns über das Wiedersehen. Darek habe ich letztes Jahr auf dem Green Velo kurz hinter Frombork kennengelernt als er mich ansprach und als er merkte, dass ich kein Pole bin gleich in gutem Deutsch weiterredete. Wir sind dann an diesem Tag noch etwa 30 Kilometer zusammengeradelt und haben uns einige Wochen später noch einmal für eine zweitägige Tour auf dem Green Velo verabredet. Der Kontakt ist auch danach nicht abgebrochen. Darek ist einige Jahre jünger als ich, ist aber auch immer noch beruflich aktiv und arbeitet als Volleyballtrainer. Nach der Begrüßung fahren wir dann zusammen erstmal bis Sulejow.
Es sind etwa 10 Kilometer bis Sulejow.
Sulejow hat etwa 6 Tsd. Einwohner und ist damit für hiesige Verhältnisse fast groß. Dort habe ich dann das Bedürfnis in einem Café einzukehren. Und so landen wir dann in einem Eiscafé, das aber auch Kaffee und sehr guten Kuchen anbietet. Wir genießen den Kuchen und den Cappuccino. Wir bzw. Darek kommt auch mit der Besitzerin ins Gespräch, weil sie feststellt, dass ihr Mann genauso deutsch gesprochen habe wie Darek. Er habe nämlich viele Jahre in Deutschland gearbeitet und sei leider erst vor Kurzem gestorben. Darek hat auch mal in Deutschland als Volleyballtrainer gearbeitet. Er war damals in München und hat dort wirklich sehr gut Deutsch gelernt.
Als wir weiterfahren wollen, besteht Darek aber darauf, dass wir uns erst noch die neugotische Kirche St. Florian anschauen. Da ich ihm meine Reiseroute geschickt hatte, wusste er auch genau, wo ich mir was anschauen will. Da die Kirche nicht sehr weit entfernt liegt, machen wir uns auf den Weg, aber letztlich hat die Kirche nicht viel zu bieten. Rein kommen wir nicht, weil das Innere mit einem Gittertor gesichert ist, durch das man aber ein zwei Fotos machen kann, die auch einen Eindruck wiedergeben. Interessant ist auch das danebenstehende alte Pfarrhaus, dass man offensichtlich erst einmal aufgegeben hat. Es sieht schon etwas heruntergekommen aus. Der Putz fällt ab, an den Fenstern hängen zwar noch Vorhänge, aber man hat nicht den Eindruck, dass das Haus noch bewohnt ist.
Bevor wir weiterfahren, will mir Darek aber noch unbedingt ein Fischlokal am Ufer der Pilica zeigen. Es ist wirklich eine malerische Umgebung mit dem Blick auf den Fluss und seine Auen. Wir genehmigen uns hier noch ein alkoholfreies Bier. Dann aber geht es weiter. Ich hatte in der Zwischenzeit noch eine Alternativstrecke für 10 Kilometer Bundesstraße gesehen, die wir dann auch fahren. Vor einem Haus sieht Darek dann einen Kleiderständer mit Blusen, die je Stück 5 Zlotys kosten sollen und der Ertrag armen Tieren für das Futter zugute kommen sollen. Wir können uns dann aber doch nicht für den Kauf einer Bluse entscheiden.
Bis zu unserem Ziel in Piotrkov Trybunalski sind es noch etwa 20 Kilometer. Einen Stopp machen wir lediglich noch in Witow-Kolonia. Hier befindet sich die barocke Kirche der Hl. Margareta und des Hl. Augustinus, die einst zum Prämonstratenserkloster gehörte, das im späten Mittelalter gegründet wurde. Von der Abtei aus gibt es noch ein Wehrtor, das in einen Glockenturm umgewandelt wurde, und einen Flügel des Klosters, der heute ein Pfarrhaus ist.
Darek ist es gelungen die Kirchentür zu öffnen. Da die Front der Kirche in Restauro ist und auch die Tür verhängt war, dachte ich, dass es ist nicht möglich ist, in die Kirche hineinzugelangen. Eindrucksvoll ist es dann schon in das Innere des Kirchenraums einzutreten. Das Innere der Kirche ist sehr hell, weil durch große Fenster so viel Licht einflutet wie man es von den wenigsten Kirchen kennt.
Dann geht es aber weiter und gegen 16 Uhr kommen wir dann schließlich im Hotel B&B Adler in Piotrkov Trybunalski an. Wir wollen uns erst einmal etwas frisch machen und dann die Stadt erkunden, ein Bier trinken und etwas Gutes essen.
Nachdem wir unser heutiges Ziel Piotrków Trybunalski, eine kreisfreie Stadt mit etwa 79.000 Einwohnern in der Woiwodschaft Łódź, erreicht haben, ist es doch eine gute Gelegenheit, während wir uns gerade frisch machen, um eine wenig über die Geschichte des Ortes zu erzählen. Petrikau, wie der Ort im Deutschen hieß, wurde 1217 als eine Handelssiedlung an der wichtigen Straße von Pommern nach Rus und Ungarn und später aus Masowien nach Breslau erstmals erwähnt. Die Stadt erhielt 1292 das Stadtrecht. Petrikau wurde zu einem wichtigen Zentrum des politischen Lebens Polens. Von König Kasimir III. dem Großen ermuntert, zogen große Scharen von vertriebenen deutschen Juden nach Polen. Petrikau wurde zu einer der größten jüdischen Siedlungen im Lande.
Ab 1455 wurde die Stadt zu einem der Sitze des Sejm und zum Ort der Tagungen des Adels, später auch der Synode. Am 26. Mai 1496 veröffentlichte König Johann I. Albrecht hier sein „Petrikauer Privileg“, das die Privilegien des Adels erweiterte und die Freiheiten der Bürger und Bauern einschränkte.
Im Jahr 1555 hob hier der Sejm die geistliche Gerichtsbarkeit über die zunehmende Zahl von Nichtkatholiken auf. Damit herrschte für Christen Religionsfreiheit. Der Einfluss der Reformation wurde auch bei der Szlachta, dem niederen Adel, sichtbar, es waren 70 katholische (55 Laien und 15 Bischöfe), 58 protestantische und 2 orthodoxe Abgeordnete in dieser Versammlung. Petrikau wurde 1578, neben Lublin, zum Sitz des Krontribunals, des höchsten Gerichts für Polen (das Tribunal des Großfürstentums Litauen saß in Grodno) – daher der Beiname „Trybunalski“.
Die Juden wurden aus der Stadt vertrieben. Erst 100 Jahre später wurde das Ansiedelungsverbot für Juden aufgehoben. Die ersten deutschen Siedler, oft aus Schwaben, kamen um 1705 in die Gegend und gründeten Dörfer, die zum großen Teil ihre Bräuche und die Sprache bis 1945 behielten.
Im Jahr 1793 wurde Polen zum zweiten Mal geteilt. Petrikau kam zur neugeschaffenen preußischen Provinz Südpreußen und erhielt preußische Kreisbehörden. Viele deutsche Siedler, vor allem aus der Gegend von Oels und Breslau, ließen sich in der Stadt und der Gegend nieder und begründeten die später blühende Textilindustrie. Nach dem Frieden von Tilsit kam Petrikau mit der ganzen Provinz Südpreußen an das Herzogtum Warschau und blieb von 1807 bis 1815 Kreisstadt im neuen Departement Kalisch. Die Stadt kam 1815 zu Kongresspolen und gehörte zur Woiwodschaft (ab 1837 Gouvernement) Kalisch. 1846 erhilt die Stadt eine Eisenbahnverbindung mit Warschau. Nach 1860 entstand die Industrie (Lebensmittel-, Maschinen- und Bauindustrie). Petrikau wurde 1867 zum Sitz eines russischen Gouvernements und behielt diesen Rang bis 1915. Die Glashütte „Hortensja“ begann ab 1889 die Produktion. Die Textilfabrik „Manufaktura Piotrkowska“ wurde 1896 eröffnet. Im Jahre 1905 gab es auch hier viele Streiks und Demonstrationen der Arbeiter.
Petrikau hatte 1938, ein Jahr vor Kriegsbeginn, 51.000 Einwohner, davon etwa 25.000 Juden und 1500 Deutsche. Am 1. September 1939 begann der deutschen Wehrmacht auf Polen. Von 1939 bis 1940 wurde das erste NS-Sammellager (Ghetto) im besetzten Polen mit etwa 25.000 Insassen errichtet und darin ein erster Judenrat zwangsweise eingesetzt. Von den Gefangenen wurden etwa 22.000 in das Vernichtungslager Treblinka deportiert und dort ermordet, etwa 3000 in Zwangsarbeitslager geschickt. Im Zwangsarbeitsbetrieb Dietrich & Fischer (DiFi) kam es zu Erschießungen, Dietrich wurde 1958 vom Landgericht Hamburg freigesprochen.
In der Gegend bildeten sich viele Widerstandsgruppen, die sich im Sommer 1944 massiv am Partisanenkampf gegen die Deutschen beteiligten. Laut Lagebericht der deutschen Polizei hatten die beiden Gemeinden Petrikau und Radziejów zusammen 71.500 Einwohner, davon seien mittlerweile 15 % Deutsche und „noch“ 85 % Polen gewesen. Juden lebten keine mehr im Gebiet. Mit dem Einmarsch der Roten Armee im Jahr 1945 wurde die Stadt von der Besatzung der Nazi-Truppen befreit. Petrikau hatte 1945 etwa 40.000 Einwohner und war Kreishauptstadt. Seit diesem Jahr tobten auch heftige Kämpfe zwischen der kommunistischen Geheimpolizei mit ihren Spezialverbänden und dem bewaffneten antikommunistischen Untergrund.
Am 20. April 1946 eroberten antikommunistische Verbände der Polnischen Heimatarmee unter Hauptmann Sojczyński die Stadt und befreiten 57 Häftlinge aus dem Gefängnis der Geheimpolizei. Am 8. August wurden weitere 43 Häftlinge durch einen Angriff befreit. Die Tätigkeit der antikommunistischen Partisanen nahm erst 1953 ein blutiges Ende. Die letzten Partisanen wurden hier, am Sitz der polnischen Geheimpolizei in den Jahren 1946 bis 1953 ermordet.
Von 1949 bis 1970 wurde Piotrków Trybunalski zu einem Industriezentrum aufgebaut. Die Stadt ist nach Łódź das zweitgrößte Industriezentrum der Woiwodschaft und besitzt Glasindustrie, Maschinenindustrie, Papierindustrie, Textilindustrie, Holzindustrie und Baumaterialindustrie, außerdem einige größere Logistik-Unternehmen und Bauunternehmen.
Inzwischen haben wir uns frisch gemacht und Darek und ich machen uns auf den Weg in die Stadt. Unser erstes Ziel soll die Burg bzw. das Schloss und die dort nahegelegene Synagoge sein. Das Schloss ist wahrscheinlich als solches für die meisten Menschen gar nicht erkennbar. Es erinnert mich eher an den Wasserturm in meiner Geburtsstadt Brühl oder an ein Mietshaus aus dem Ende des 19. Jhdt. Demgegenüber wurde das Königsschloss tatsächlich schon in den Jahren 1512–1519 am niedrigen Ufer des Flusses Strava auf Geheiß von Sigismund I. dem Alten. Es handelt sich um einen Wohnturm im Stil der Gotik und Renaissance der aus Ziegeln und Sandstein erbaut wurde. Vor diesem Hintergrund ist das Schloss schon ein sehr interessantes Bauwerk. Ich habe so etwas bisher noch nicht gesehen.
Dann gehen wir noch eine Straße weiter, wo die Gebäude der Großen und der Kleinen Synagoge stehen. Die Große Synagoge ist eine der am besten erhaltenen Synagogen in Polen und wertvoll wegen ihre einzigartigen Architektur. Dennoch hat sie eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Sie wurde in den Jahren 1791-1793 an der Stelle einer alten Synagoge erbaut. Im Jahr 1854 wurde die Synagoge von den Russen schwer verwüstet. Nach diesem Ereignis wurde das Gebäude aber wieder gründlich renoviert.
Während des Zweiten Weltkriegs verwüsteten die Nazis die Synagoge und zerstörten ihre wertvolle Ausstattung unwiederbringlich. Im Jahr 1954 übergab das Präsidium des Nationalrats der Gemeinde die Synagoge an den Sportverein „Unia“, der darin eine Sporthalle einrichtete. Aufgrund der Proteste der jüdischen Gemeinde zog sich der Verein 1955 von der Nutzung der Synagoge zurück. In den Jahren 1964–1967 wurde die Synagoge gründlich renoviert und restauriert und war für den Sitz der Städtischen Öffentlichen Bibliothek Adam Próchnik bestimmt. Im Jahr 2019 wurde die Bibliothek an einen neuen Standort verlegt und die Synagoge dient nun als provisorischer Sitz des Staatsarchivs in Piotrków Trybunalski.
Die Kleine Synagoge daneben wurde 1775 erbaut. Während des Zweiten Weltkriegs verwüsteten die Nazis die Synagoge. Nach Kriegsende stand es sie viele Jahre lang verlassen und verfiel. In den Jahren 1964–1967 wurde auch die Kleine Synagoge ebenfalls grundlegend saniert und restauriert und in eine Kinderbibliothek umgewandelt.
Nachdem wir uns diese Gebäude etwas genauer angesehen haben, treibt uns der Hunger und vor allem der Durst in die Stadt zurück. Nun ist Darek für mich ein sehr nützlicher Wegbegleiter. Er kann auf anhieb lesen, wo es was zu essen gibt. Wir kehren im Lokal Kamienica an eine Ecke des alten Marktplatzes ein und lassen es uns hier für die nächsten anderthalb Stunden gut gehen. Es gibt ein hervorragend zubereitetes Essen und das Bier ist auch nicht zu verachten.
Als wir mit unserem Abendessen fertig sind, beschließen wir uns zumindest noch die orthodoxe Kirche anzusehen. Zunächst lassen wir aber den Blick über den Marktplatz schweifen. Da wir bisher noch nicht feststellen konnte, wo das Rathaus steht bzw, warum es nicht hier auf dem alten Rynek steht, fällt plötzlich ein quadratisches Maueranordnung in der Mitte des Rynek auf. Nicht, dass wir das noch nicht vorher bemerkt hätten, aber dass es wahrscheinlich ein Muster für den Grundriss eines Gebäudes ist, merken wir erst jetzt. Und tatsächlich ergibt die Recherche, dass es sich um den Grundriss des alten Rathauses handelt.
wie die Synagoge soll auch das Rathaus von den Russen zerstört worden sein. Leider habe ich noch nicht herausgefunden, was der Anlass für dieses barbarische Vorgehen war. Nun gehen wir erst einmal weiter in die vermutete Richtung der orthodoxen Kirch. Leider habe ich mich was die Richtung betrifft vertan und stelle nach einem halben Kilometer fest, dass wir in die anderen Richtung hätten gehen müssen. Also müssen wir nun noch einmal einen Kilometer gehen, bevor wir vor der orthodoxen Kirche stehen.
Dabei konnten wir noch einige andere Kirchen von außen bewundern und auch das eindrucksvolle Gerichtsgebäude der Stadt. Das Gebäude des Bezirksgerichts ein historisches Gebäude der Justizbehörde, das in den Jahren 1905 bis 1909 erbaut wurde. Der Baustil des Gebäudes wird als eklektisch, Jugendstil oder neoklassizistisch beschrieben. Während des Ersten Weltkriegs während der Kämpfe um die Stadt wurde im Inneren ein Feldlazarett eingerichtet. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs befand sich am Sitz des Gerichts zunächst der Städtische Nationalrat, nach der Gründung der Woiwodschaft Piotrków im Jahr 1975 Sitz des Woiwodschaftsamtes. Erst seit 1989 fungiert es wieder als Gericht.
Auch die orthodoxe Kirche hat eine wechselvolle Geschichte. Die Pfarrei wurde 1788 im Zusammenhang mit der Ansiedlung der griechischen Bevölkerung aus Makedonien in Piotrków gegründet. Im Jahr 1839 wurde die Pfarrei in die Russisch-Orthodoxe Kirche eingegliedert, was unter anderem eine Änderung der liturgischen Sprache auf das Kirchenslawische bedeutete. In den Jahren 1844–1847 wurde hier in der Juliusza-Słowackiego-Straße eine freistehende orthodoxe Backsteinkirche errichtet, die am 28. November 1848 unter der Anrufung von Allerheiligen geweiht wurde. Im Jahr 1922 wurde die Pfarrei Teil der Diözese Warschau-Chełm und 1951 der Diözese Łódź und Poznań der Polnischen Autokephalen, also unabhängigen, Orthodoxen Kirche.
So, nun reicht es aber für heute. Wir gehen zurück zu unserem nahegelegenen Hotel, kommen dabei aber noch am Haus der polnischen Geheimpolizei von 1946 bis 1956 vorbei. Das Haus ist völlig unscheinbar, aber eine sicher erst nach 1989 angebrachte Tafel verweist darauf, dass hier noch bis 1953 antikommunistische Partisanen der polnischen Heimatarmee nun von der neuen kommunistischen Führung ermordet wurden.
Damit reicht es dann tatsächlich für heute. Wir kehren zurück ins Hotel, verabschieden uns und verabreden uns ür morgen um 8 Uhr für das Frühstück.
Sehenswürdigkeiten:
- Stadtpfarrkirche zum Heiligen Apostel Jakob, Gotik mit barocken Kapellen, 13. bis 14. Jahrhundert
- Ehemaliges Dominikanerkloster mit der Kirche zum Heiligen Iacentius und der Heiligen Dorothea, Gotik um 1350
- Bernhardinerkirche zur Erhöhung des Heiligen Kreuzes, Barock, um 1626
- Evangelische Kirche (ehemalige Piaristenkirche), Barock um 1689
- Ehemaliges Jesuitenkollegium mit der Kirche zum Heiligen Franciscus Xaver, Barock, um 1695
- Russisch-orthodoxe Allerheiligenkirche, Klassizismus, um 1844
- Kleine Synagoge, Barock, um 1790
- Große Synagoge, heute Stadtbibliothek
- Königliches Schloss (Wohnturm), Spätgotik, um 1511
- Schloss Byki, Renaissance, um 1590
- Bürgerhäuser am Ring, 17./18. Jahrhundert, ursprünglich Spätbarock, Fassaden umgebaut im 19. Jahrhundert
- zahlreiche Häuser im Jugendstil, insbesondere in der Allee 3. Maja
- Friedhöfe: in der „Friedhofsallee“ längs des Flusses Strawka: katholischer, evangelischer, russisch-orthodoxer, Neuer jüdischer Friedhof und Soldatenfriedhof aus dem Ersten Weltkrieg, mit vielen interessanten Grabsteinen (teilweise aus dem 17. und 18. Jahrhundert, hierher aus älteren innerstädtischen Friedhöfen überführt)