Es wird wieder ein warmer und sonniger Tag. Heute geht es auf eine der zahlreichen Varianten des Fontane-Radwegs nach nach Neustadt (Dosse). Erste Station ist Kränzlin, das Fontane wegen seiner Freundschaft mit der Gutsfamilie Scherz vielfach besuchte. Theodor Fontane fasste in einem Satz zusammen, was die Geschichte Kränzlins über Jahrhunderte bestimmt hat: die Landwirtschaft, zumal die der Rittergüter, auf denen sich die Landarbeiter verdingten.
Eines der wenigen Wahrzeichen des Dorfes, die Kirche, wurde zu DDR-Zeiten stark beschädigt und seit der Deutschen Wiedervereinigung zumindest der Turm wieder instand gesetzt. Neben der Kirche befindet sich das Pfarrhaus, in dem Karl Friedrich Schinkel ein und aus ging, da seine ältere Schwester Sophie Eleonore Elisabeth mit dem hier von 1793 bis 1806 wirkenden Pfarrer Gotthilf Friedrich Tobias Wagner verheiratet war.
Dann geht es weiter nach Gottberg mit seiner eindrucksvollen Feldsteinkirche. Die Kirche war ursprünglich ein frühgotischer rechteckiger Feldsteinbau, sie wurde im 13. Jahrhundert errichtet. Sie weist eine Saalform auf und besitzt ein breites Turmhaus unter Satteldächern.
1638 wurde die Kirche stark verwüstet. 1733 wurde die Kirche restauriert, wovon eine Inschrift an der Orgelempore zeugt. Der Westturm erhielt seine obersten Geschosse. Der barocke Kanzelaltar stammt vermutlich auch aus dieser Zeit. 1902 erfolgte ein Umbau und eine Erweiterung der Kirche. Die Kanzel wurde durch eine Kopie ersetzt, das Original wurde Teil des Märkischen Museums in Berlin.
In ihrem Kirchhof befindet sich ein Gefallenendenkmal, dass sich dadurch auszeichnet, dass hier nicht nur der Gefallenen der letzten beiden Kriege gedacht wird, sondern auch der in den Befreiungskriegen des frühen 19. Jhdt. Da gerade der Gottesdienst beendet ist, habe ich auch die Gelegenheit, einen Blick in die Kirche hineinzuwerfen.
Auf dem Gelände komme ich mit Cordula und Norbert aus Oranbienbaum ins Gespräch. Sie sind ebenfalls mit Fahrrädern unterwegs und machen gerade einen Wochenendausflug. Nachdem wir uns relativ ausführlich über unsere Fahrradgewohnheiten und -vorlieben und -erfahrungen ausgetauscht haben fahre ich weiter und mache bei Dessow einen Abstecher nach Trieplatz. Trieplatz ist sicher vor allem deshalb in Fontanes Wanderungen gelangt, weil hier seine langjährige Freundin Mathilde von Rohr aufgewachsen ist. Mathilde von Rohr lieferte Fontane zahlreiche Anekdoten und Details, die dieser in seinen literarischen Arbeiten verwendete. Aus ihrer Korrespondenz sind noch 230 Briefe erhalten. Auch das kleine Gutshaus der von Rohrs ist noch erhalten, wenn man es nicht weiß, würde man es aber sicher übersehen. Auch ich brauche längere Zeit, um es zu finden und dies auch nur, weil aus dem Haus, das ich für das mögliche Gutshaus halte, eine Frau heraustritt, die ich auf dem Weg zu ihrem Auto anspreche und die mich dann auf das Nachbarhaus verweist, was nun wahrlich nicht wie ein altes Gutshaus aussieht.
Auch mit ihr komme ich in ein längeres Gespräch. Sie fragt mich nach meinen Fahrradtouren und findet sie wohl recht beeindruckend. Übrigens eine Erfahrung, die ich öfters bei Frauen in einem nicht mehr ganz jugendlichem Alter mache: Einerseits fast Unverständnis für solche Herausforderungen und andererseits verspürt man eine tiefe Sehnsucht, doch auch einmal so etwas Verrücktes zu unternehmen.
Von Trieplatz geht es zurück nach Dessow, von wo ich noch einen anderen Abstecher nach Ganzer mache. Auch hier ein altes Gut eines anderen Teils der Familie von Rohrs. Ursprünglich gab es sogar zwei Rittergüter. Südlich der Dorfstraße vom Westen aus gesehen noch das Gut der Familie von Wahlen Jürgass, das aber heute nicht mehr erhalten ist und Nördlich der Dorfstraße das Gut der Familie von Rohr, ein Fachwerkgut, das in den letzten Jahren restauriert wurde. Heute finden hier Kunstworkshops und Fontane-Spaziergänge statt. Weitere Sehenswürdigkeiten in Ganzer sind die Ruine der Dorfkirche in der Dorfstraße und das Eisengussdenkmal der Familie von Wahlen-Jürgass, auf dem Friedhof. Die Kirche wurde 1973 wegen Baufälligkeit bis auf die Umfassungsmauern abgetragen. Hier mache ich dann auch meine halbstündige Mittagspause und lasse mir meine schon gestern erworbenen und deshalb etwas trockenen Käselaugenstangen schmecken.
Danach geht es zurück nach Dessow und nun ohne weiteren Zwischenstopp nach Wusterhausen an der Dosse. Die Stadt nimmt einen durch ihre zahlreichen malerischen Fachwerkhäuser und die das Stadtbild dominierende Kirche St. Peter und Paul ein. Den Besuch hebe ich mir aber für morgen auf, weil in der Kirche gerade eine Konzert stattfindet. So geht es schon bald weiter zu meinem heutigen Ziel, dem Parkhotel in Neustadt (Dosse).
Im Parkhotel habe ich ein Zimmer im Souterrain für zwei Nächte gebucht. Es ist angenehm kühl hier unten. Zum Abendessen empfiehlt mir die Frau an der Rezeption Olafs Werkstatt. Auf dem Weg dahin, fällt mir als Besonderheit des Ortes nur die achteckige Stadtkirche (Kreuzkirche) auf, die 1696 fertiggestellt wurde. Davor noch ein Gedenkstein an den Prinzen von Homberg, der der Stadt zur Verleihung der Stadtrechte verholfen haben soll. Ansonsten macht Neustadt einen eher verschlafenen Eindruck. Olafs Werkstatt war hingegen eine gute Empfehlung. Obwohl der Name nicht darauf schließen lässt, gibt es hier sehr ordentliche Speisen. Ich entscheide mich für Schweinefilets mit Pfannengemüse.
Tagesstrecke: 48,35 Km