Was für ein ereignisreicher Tag! Ich frühstücke in der Bar des Hotels. Wenn man ein Frühstück bestellt, bekommt man ein mit Käse überbackenes Omelett, drei Scheiben getoastetes Weißbrot, ein Stück Schafskäse, Butter und Marmelade sowie geschnittene Tomaten und Gurken. Dazu gibt es natürlich Kaffee, der aber hier immer Espresso ist und damit sehr klein. Aber mit etwas mehr Milch geht das dann. Man kann wirklich schlechtere Frühstücke bekommen.
Ich hatte gestern schon beschlossen heute über Rumänien nach Ruse zu fahren. Zum einen ist die Strecke kürzer, zum anderen sind doch auf der bulgarischen Seite sicher fast Tausend Höhenmeter zu bewältigen, während die Strecke in Rumänien weitgehend flach ist. Ich hatte mich gestern schon am Fährterminal erkundigt, wann die Fähren fahren und mich für die um 10 Uhr entschieden. Im Hotel konnte mir niemand dazu Auskunft geben, weil man mich gar nicht verstand. Hier sprach man nur bulgarisch.
Gegen 9.15 Uhr machte ich mich dann auf den Weg zum Fährterminal, der aber nur 10 Minuten vom Hotel entfernt liegt. Bei meiner Ankunft teilte man mir dann bedauernd mit, dass die Fähre heute nicht fahre, weil sie defekt sei. Man könne daher frühestens in zwei Tagen wieder mit einem geordneten Fährverkehr rechnen. Nachdem ich meinen Zorn in mich hineingeschrien hatte, blieb nun nichts anderes übrig als das, was ich vermeiden wollte, nun doch zu tun, nämlich auf der bulgarischen Seite gen Ruse zu radeln. Die ersten 20 Kilometer bis Novgrad verliefen noch ohne Steigungen, so dass ich Zeit genug hatte, mich auf die neue Situation einzustellen. Kurz vor Novgrad verwiesen mich dann sowohl das Navi als auch bikeline auf eine Nebenstraße durch das sehr schöne und sehenswerte Tal der Jantra. Die Jantra entspringt im Balkangebirge und ist ein Nebenfluss der Donau. Das Tal ist sehr malerisch, weil der Fluss sich hier tief in den Fels hineingefressen hat und imposante Felswände hat entstehen lassen. Freilich sind die 15 Kilometer bis Tsenevo eine ziemliche Berg- und Talfahrt und so kommen schon die ersten 350 Höhenmeter zusammen.
In Tesenevo lege ich erst einmal eine kurze Mittagspause ein. Aber dann kommt es noch dicker. Auf den folgenden 16 Kilometern bis Obretenik gibt es nun zwar nur zwei Steigungen aber die sind mit 5 bis 7 Prozent doch recht heftig und die erste zieht sich über drei Kilometer. Ich bewältige auch das, stehe dann aber vor der Frage, ob ich auf E 85 nach Ruse fahre oder eine Nebenstrecke nutze. Die Nebenstrecke macht wieder den Eindruck einer Berg- und Talfahrt. So entscheide ich mich dann doch die verbleibenden 36 Kilometer auf der E 85 zu fahren. Da sie nur zweispurig ist, ist das natürlich nicht sonderlich erquicklich, zumal der auf solchen Straßen in die Ohren dringende Lärm auch nicht gerade zu Wohlbefinden beiträgt. Aber ich habe ja inzwischen zu diesen Straßen zwei Grundregeln entwickelt: Zum einen niemals während der Fahrt umdrehen, sondern stur geradeaus fahren. Sobald man sich umdreht, besteht die Gefahr das man über das, was man auf sich zukommen sieht, erschrickt und den Lenker verreißt. Zum anderen hilft auf solchen Strecken nur Gottvertrauen, was sich daraus speist, das man wohl davon ausgehen kann, dass die überwiegende Zahl der Autofahre, selbst wenn sie Radfahrer nicht mögen, diese dennoch nicht unbedingt überfahren möchten. Hier kann man noch durch gegenseitige Rücksichtnahme, die Gefahrensituationen entspannen. So habe ich mir schon angewöhnt, dass wenn Lastwagen entgegenkommen und ich hinter mir einen LKW herannahen höre, ich schon gelegentlich die Fahrt auf den Seitenstreifen bevorzuge, um die LKW-Fahrer nicht zu sehr aufzuhalten. Die haben mehr Zeitdruck als ich. Dennoch bin ich froh als ich nach etwa 2 ½ Stunden E 85 und etwa 200 an mir im Abstand von 20 Zentimetern bis 2 Metern vorbeirasenden Lastwagen gegen 18 Uhr hier in Ruse in dem City House Hotel ankomme.
Das Hotel ist schon ein Highlight. Etwas Vergleichbares bekäme man bei uns vermutlich nicht einmal für das Vierfache des Preises und ich merke sofort, dass es die richtige Entscheidung war, mich hier gleich für drei Nächte einzuquartieren. Das Hotel ist modern, sauber und schön designt. Ich werde mich hier auf jeden Fall wohlfühlen und sowohl die Felsenklöster von Ivanovo wie auch Ruse selbst erkunden. Gerade eben konnte ich noch feststellen, dass das Hotel auch über ein hervorragendes Restaurant verfügt. Von meinem Abendessen, Hähnchenfilets mit gegrilltem Gemüse und Fladenbrot, war ich jedenfalls begeistert.
Tagesdaten: 91,69 km; 7:31:47 Std. Fz; 12,17 km/h; 896 Hm