Heute ist nichts Großartiges passiert. Gegen 10 Uhr verabschiede ich mich von Waldemar, meinem Vermieter. Dann geht es los und ich erfreue mich daran wie glatt und rund mein Fahrrad wieder rollt, nachdem ich gestern die Kette wieder mal geölt habe. Erst geht es 20 Kilometer nach Westen. Dann auf einer asphaltierten Straße bis Budy und dann über eine unasphaltierte, aber feste Forststraße bis nach Hajnowka. Unterwegs mache ich noch einen Abstecher zu einer mitten im Wald liegenden orthodoxen Kapelle. Hier fand man wohl ein Wasser, dem man zauberhafte Kräfte zusprach. So baute man aber statt eine Sanatoriums eine Kapelle. Inzwischen ist das Wasser wohl ungenießbar. Ein handbeschriebener Zettel deutet zumindest darauf hin. Dennoch scheint die Kapelle ein beliebter Ort für einen Zwischenhalt zu sein, liegt er doch sehr malerisch hier im Bialowieza Wald.
Hajnowka ist mit seinen ca. 22 Tsd. Einwohnern dann eine der größeren Städte hier in der Gegend. Die meisten Bewohner von Hajnówka sind Belarussen und gehören der orthodoxen Kirche an, die polnische Minderheit ist römisch-katholisch. Das wird auch schon an den Kirchengebäuden sichtbar. die zwei größten Kirchen im Ort sind die orthodoxen Kirchen. Das herausragendes Bauwerk der Stadt ist sicher die Kathedrale der Heiligen Dreifaltigkeit der polnisch-orthodoxen Kirche.
Das Gebäude wurde 1981–1983 gebaut. Bei dem Bau halfen freiwillige Jugendliche aus der DDR im Rahmen der Aktion Sühnezeichen. Leider kann ich mir den Bau nur von außen ansehen. Das Gotteshaus bietet auf zwei Geschossen Platz für 5.000 Besucher. Dank der ausgezeichneten Akustik werden in der Kirche seit 1983 Festspiele der orthodoxen Kirchenmusik veranstaltet. Da an der Kirche Bänke stehen, mache ich hier meine Mittagspause.
Danach geht es weiter. Nun fahre ich erst einmal 15 Kilometer auf einem straßenbegleitenden Radweg entlang der Woiwodschaftsstraße 685 in Richtung meines heutigen Zieles, dem Ort Kleszczel. Da die Planer des Green Velo offensichtlich meinten, dass das genug der guten Wegstrecke gewesen sei, lassen sie den Green Velo nun doch noch einmal über unbefestigte Strecken durch Wald und Feld laufen, obwohl der straßenbegleitende Radweg noch weiter gegangen ist. Mir war das zwar klar, aber ich wollte kein Spielverderber sein, immerhin will ich ja den Green Velo fahren und nicht nur straßenbegleitende Radwege. Einmal musste ich auf der Strecke etwa 200 Meter schieben, weil man als Radfahrer mit 20 Kg Gepäck wieder im Sand versank.
Zu Kleszczele gibt es auch nicht viel zu Berichten. Die Stadt hat gerade mal ca.1300 Einwohner. Auch sie werden überwiegend belarussischstämmig sein, weil die einzige Kirche im Dorf eine orthodoxe aus dem Jahre 1870 ist. Kurios ist meine heutige Unterkunft. Ich habe ein Einzelzimmer mit einer Fläche von 5 qm. Ich weiß nicht, ob ich schon jemals in einem so kleinen Zimmer genächtigt habe. Der Preis war allerdings auch der niedrigste, den ich je für eine Unterkunft bezahlt habe – 13 EURO. Da das Haus allerdings heute keine weiteren Gäste hat, kann ich mich zumindest in der Küche ausbreiten. Ich muss mich hier auch selbst versorgen. Da ist es gut, dass nur etwa 100 Meter vom Haus entfern ein ganz neuer Biodronka Supermarkt entstanden ist, der sogar morgen, am Sonntag, aufhat. Aber ich habe schon heute weitgehend das Nötige eingekauft.
Tagesstrecke: 56,64 Km; 12,51 Km/h; 178 Hm