Ein schöner aber ereignisarmer Tag. Der morgendliche Blick aus dem Fenster auf den Havelarm ist herrlich, die Sonne scheint und es soll auch wieder warm, aber nicht zu warm werden. 24 bis 25 Grad sind angesagt. Allerdings wird es windiger. Zum letzten Mal nun das ordentliche Frühstück in der Pension am Schwedendamm und dann geht es los.
Ereignisarm ist der Tag vor allem deshalb, weil ich die meisten Strecken schon einmal in anderer Richtung gefahren bin. Von Rathenow geht es über Stechow, Kotzen, Kriele, Senzke nach Pessin. Diese Strecke bin ich umgekehrt gefahren als ich vor anderthalb Wochen das erste mal nach Rathenow von Neuruppin aus fuhr. Von Pessin aus geht es dann auf einem die B 5 begleitendem Radweg nach Ribbeck. Hier kehre ich noch einmal im Café Alte Schule ein und genehmige mir einen Cappuccino und einen Birnenstreuselkuchen. An meinem Tisch sitzt auch ein Ehepaar, das mit E-Bikes unterwegs ist und so kommen wir schnell ins Gespräch. Sie kommen aus Frankfurt am Main und waren oben an der Mecklenburgischen Seenplatte, wo sie sich in Malchow auf dem Campingplatzt mit ihren Kindern getroffen haben, die inzwischen mit dem Auto Urlaub machen. Sie machen bereits seit 1998 Radreisen in Deutschland und Europa. So gab es natürlich viel auszutauschen, zumal sie mehr im westlichen Europa und ich ja doch mehr im östlichen Europa unterwegs bin.
Nach dieser unterhaltsamen Mittagspause ging es weiter auf dem wunderschönen Radweg auf der alten Bahntrasse zwischen Ribbeck und Nauen. Auch hier bin ich schon einmal entlang gefahren als es vor einer Woche von Rathenow nach Falkensee ging. So bleiben die letzten 12 Kilometer von Nauen nach Tietzow, auf denen aber auch nichts außer der Mark Brandenburg zu sehen ist: Inzwischen abgeerntete Felder, Weiden mit Kühen und Pferden, Mais- und Sonnenblumenfelder und gelegentlich geht es durch Wälder. In Tietzow habe ich mich im Hotel Helenenhof über booking.com eingebucht. Der Preis ist für mein Budget recht hoch, aber etwas anderes war nicht zu bekommen. Dass ich überhaupt in Tietzow gelandet bin, hat mit den Schwierigkeiten zu tun, die sich nun bei der weiteren Planung meiner Tour ergeben haben. Bis Rathenow hatte ich eigentlich alles schon etwa anderthalb Monate vor meiner Tour geplant, weil ich befürchtete, dass nun doch viele Urlauber in Deutschland bleiben und auch Brandenburg insofern recht schnell ausgebucht sein könnte. Diese Annahme erweist sich als zutreffend. Deshalb wird es nun doch ziemlich unmöglich meine Tour havelaufwärts zu planen. Nun habe ich beschlossen, dass ich noch etwa eine Woche kreuzt und quer durch das Havelland fahre, um dann am 5. oder 6. August meine Tour in Spandau zu beenden. Hier werden Heidrun, die dann ebenfalls nach Spandau kommt, das Wochenende mit meinen Kindern Alex und Franziska plus Familie verbringen und dann geht es doch etwas früher als geplant erst einmal zurück nach Hause.
Im Hotel Helenenhof werde ich freundlich empfangen. Es ist ein Hotel mit einer langen Tradition, die vier Generationen zurückreicht. Die Eigentümer leben zwar schon seit zwei Generationen im Westen, haben aber das Hotel nicht aufgegeben, sondern nach der Wende die notwendigen Restaurierungen vorgenommen. Die vier MitarbeiterInnen, die das Hotel faktisch managen sind sehr freundlich und hilfsbereit und mühen sich redlich ihren Gästen den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten. Auch das Restaurant ist sehr gut, obwohl es ihnen seit Monaten nicht gelingt einen geeigneten Koch nach Tietzow zu bringen. Dennoch ist das Abendessen ausgezeichnet. Ich genehmige mir ein „Kross gebratene Ente“ mit Apfel-Rosinen-Weißkraut und in Butter geschwenkten Kartoffeln. Serviert wird von einer Dame, die wohl insgesamt etwas den Hut auf hat, in weißen Handschuhen. Wann hat man so etwas das letzte Mal erlebt und das in Tietzow, einem 340 Seelen Nest, aber vielleicht gerade deshalb.
Nachdem das Abendessen doch etwas üppig war, mache ich noch einen längeren Abendspaziergang durch das langgestreckte Dorf und über durch die angrenzenden Felder und Auen. Ich genieße den Sonnenuntergang und falle dann nach der Rückkehr sehr bald in das angenehme Bett. Ich weiß nicht, ob ich nicht schon als ich mich ins Bett legte eingeschlafen bin.
Tagesstrecke: 60,77 Km