Tagesstrecke: 18,44 Km; 12,91 Km/h; 97 Hm
Heute morgen als ich aus dem Fenster schaue ist der Rasen mit Raureif überzogen. Ein Blick auf meine Wetter App zeigt mir, dass die Temperaturen auf 0 Grad zurückgegangen sind. Erst so gegen 11 Uhr sollen die Temperaturen auf 5 Grad klettern und dann noch auf die heutige Höchsttemperatur von 7 Grad. Hoffen lässt, dass es wieder sonnig werden soll. Ich habe aber heute auch keine Eile, weil mein heutiges Ziel Rheinsberg nach nur 18 Kilometer von Neuglobsow erreicht sein wird. So gehe ich erst einmal alles in Ruhe an, frühstücke in Ruhe, plane meine weiteren Etappen, lese ein wenig in dem neuen Buch von Volker Kutscher, schwätze ein wenig mit dem Betreiber der Pension und verbringe so die Zeit bis 11 Uhr.
Als ich dann vor die Tür trete ist die Luft sehr angenehm und es ist auch kein Problem mit dem Fahrrad loszufahren. Ich habe mich zwar noch etwas wärmer angezogen. Aber es war kein Problem. Über die Fahrt gibt es wenig zu erzählen. Ich fahre durch den benachbarten Ort Menz und danach auf guten Radwegen entlang der Straße durch ein durchgehendes Waldgebiet. Die Radwege sind zwar gut, das einzige Problem ist, dass sie weitgehend von einer dicken Laubschicht bedeckt und daher teilweise schwer erkennbar sind. Auch muss man darauf vertrauen, dass die Radwege keine Beulen, wurzelerzeugte Unebenheiten und Schlaglöcher haben. Aber die Fahrradwege in Brandenburg haben ja eine hohe Qualität und insofern kann man sie auch in solchen Situationen eigentlich unbedenklich nutzen.
Gegen 12:30 Uhr bin ich dann schon in Rheinsberg. Immer wenn ich hier in die Gegend komme, muss ich auch einen Besuch in Rheinsberg machen. Rheinsberg ist für mich ein preußische Kleinod, was einfach nur schön ist. Mein Quartier ist hier in den letzten Jahren der Gasthof&Fleischerei Endler an der Ecke Schlossstraße Mühlenstraße direkt gegenüber dem Schloss. Hier gibt es wunderschöne Zimmer in einem aufwendig renovierten schon mehrere hundert Jahre altem Haus mit einem Atrium. Auch das Frühstück ist hier hervorragend. Leider mussten sie das abendliche Restaurant schließen, weil kein Personal mehr zu bekommen war. Schön ist auch, dass ich heute gleich einchecken konnte und so den Nachmittag ohne Probleme mit der Unterbringung des Fahrrads und der Aufbewahrung des Gepäcks verbringen konnte.
Ich hatte mir eine Spaziergang zum Schloss und durch den weitläufigen Schlosspark vorgenommen. Das am Ostufer des Grienericksees gelegene Schloss gilt als Musterbeispiel des sogenannten Friderizianischen Rokokos und diente auch als Vorbild für Schloss Sanssouci. Der preußische König Friedrich Wilhelm I. schenkte das ursprüngliche Schloss seinem Sohn Kronprinz Friedrich, dem späteren König Friedrich II., für dessen Loyalität(?!). 1736 zog dieser mit seiner Frau, der Kronprinzessin Elisabeth Christine, von seinem früheren Quartier im 25 km entfernten Neuruppin kommend, in den südlichen Flügel des Schlosses. In den Jahren bis 1740 ließ Friedrich das Schloss umfangreich von den Baumeistern Johann Gottfried Kemmeter und Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff, der von Kemmeter das architektonische Handwerk gewissermaßen erlernte, ausbauen und erweitern. So wurde der eingeschossige Bau um ein Obergeschoss ergänzt und der Ostflügel um 25 Meter verlängert.
Friedrich selbst bezeichnete seine Jahre auf Schloss Rheinsberg immer als die „glücklichsten seines Lebens“. Hier gründete er 1738 die erste Freimaurerloge in Preußen nach dem Vorbild der Großen Loge in Hamburg. Seine Zeit in Rheinsberg endete 1740 mit der Thronbesteigung. Vier Jahre später schenkte er es seinem jüngeren Bruder Heinrich, der 1752 mit seiner Frau Prinzessin Wilhelmine von Hessen-Kassel einzog und bis zu seinem Tod dort wohnte.
Der kunstbegeisterte Prinz machte sich daran, das Schloss und den dazugehörigen Park zu erweitern und verschönern. 1785/86 wurden die beiden Pavillons am Schloss errichtet. Der Anfang der 1790er-Jahre am gegenüberliegenden Seeufer in Sichtachse des Schlosses errichtete Rheinsberger Obelisk sollte das Andenken des bei Friedrich II. in Ungnade gefallenen Bruders August Wilhelm von Preußen sowie vieler Heinrich nahestehender und teilweise vom König ebenfalls wenig gewürdigter Offiziere ehren, die sich in den schlesischen Kriegen verdient gemacht hatten. In den Wanderungen durch die Mark Brandenburg hat Theodor Fontane das Denkmal in Erinnerung gebracht. Dass es nach Ansicht von Prinz Heinrich eben diejenigen ehrt, die von Friedrich II. nicht gebührend gewürdigt wurden, hat Fontane als einen Akt der Opposition gegen den König gedeutet, die freilich erst nach dessen Tode zur Ausführung kam.
Bereits zu Lebzeiten ließ Heinrich seine Grabstätte in Form einer abgebrochenen Pyramide im Garten errichten, in der er nach seinem Tod 1802 beigesetzt wurde. Die französische Inschrift verfasste Heinrich selbst.
Nach dem Tod des kinderlosen Prinzen Heinrich 1802 erbte sein jüngeren Bruder August Ferdinand von Preußen Schloss und Gut und danach dessen Sohn August von Preußen (1779–1843). Da dieser nur illegitime Kinder hatte, fiel der Besitz an die preußischen Könige zurück, die es jedoch nur selten nutzten. Das Königshaus setzte Schloßhauptleute ein, zumeist Grundbesitzer, wie unter anderem Carl Graf von Königsmarck auf Schloss Plaue. Bis zur Enteignung durch die sowjetische Besatzungsmacht im Jahr 1945 gehörten Schloss und Gut dem Haus Hohenzollern. Es war öffentlich zugänglich und machte Rheinsberg zu einem beliebten Touristenziel, wozu auch die Schriftsteller Theodor Fontane in seinen Wanderungen durch die Mark Brandenburg und Kurt Tucholsky mit der Erzählung Rheinsberg: Ein Bilderbuch für Verliebte beitrugen.
Ich wandere etwa zwei Stunden durch den Park. Meist bin ich alleine unterwegs. Betrieb ist auch in Rheinsberg inzwischen nicht mehr. Auch Rheinsberg bereitet sich auf den Winterschlaf vor. Am Abend gehe ich dann noch in den Ratskeller um die Ecke und lasse es mir bei einem gebratenen Dorschfilet mit Bratkartoffeln und Rote Linsen-Kresse-Salat schmecken.