4. Tag: (4.11.2024) – Von Rheinsberg nach Wandlitz

von 5. November 2024Aktuelles

Tagesstrecke: 70,44 Km; 14,29 Km/h; 212 Hm

Der Tag beginnt trüb, die Straßen sind nass und es nieselt so vor sich hin. Nach dem immer noch ausgezeichneten Frühstück im Gasthof Endler verstaue ich meine sieben Sachen wieder auf dem Fahrrad und mache mich auf den Weg. Heute liegt mit etwa 70 Kilometern die bisher längste Tour auf dieser Reise vor mir. Bis nach dem 14 Kilometern entfernten Menz geht es wieder durch die hügelige Endmoränenlandschaft. Ein Anstieg ist so steil, dass ich zum ersten Mal schieben muss. Wenige Kilometer hinter Menz komme ich dann nach Zernikow.

Zernikow hat eine sehr interessante Geschichte, die mit dem Namen Michael Gabriel Fredersdorff (1708-1758) verbunden ist. Fredersdorf war der Kammerherr Friedrichs II. und mit diesem auf vielfache weitere Weise verbunden. Nachdem Friedrich 1740 den Thron bestiegen hatte, erhob er Fredersdorff im September zum Geheimen Kämmerer sowie als Schatzmeister zum Verwalter seiner Schatulle. Zudem wurden ihm zahlreiche verantwortungsvolle Aufgaben übertragen, die weit über die üblichen Pflichten eines Kämmerers hinausgingen; unter anderem war er nicht nur in geheimdienstliche Operationen eingeweiht, sondern koordinierte diese auch. Überdies war er auch weiterhin engster Vertrauter Friedrichs, der sich mit ihm in vielen privaten und öffentlichen Problemen beriet. Ein umfangreicher privater Briefwechsel zwischen Fredersdorff und dem König, der dieses außergewöhnliche Vertrauensverhältnis dokumentiert, ist bis heute erhalten.

Kurz nach seiner Thronbesteigung schenkte Friedrich II. Fredersdorff das Gut Zernikow. Das war in sofern ungewöhnlich als es zu dieser Zeit höchst ungewöhnlich war, Nichtadligen Gutsbesitz zu übertragen. Fredersdorff ließ in den Jahren 1746 bis 1748 ein Gutshaus vermutlich nach den Plänen von Knobelsdorff errichten, dem Freund und Architekten Friedrich II. Es entstand ein zweigeschossiger Putzbau im Barockstil. Das Gut entwickelte sich mit Ziegelei, Brauerei  und einer Maulbeerallee bald zu einem Mustergut.

Fredersdorff heiratete 1750 die Erbin des Bankiers Gottfried Adolph Daum, Caroline Maria Elisabeth Daum (1730–1810), und diese wiederum nach Fredersdorffs Tod 1760 Johann Freiherrn von Labes (1731–1776). Ihre Kinder waren unter anderem Amalie Karoline von Labes (1761–1781). Amalie Karoline von Labes heiratete 1777 den Joachim Erdmann Freiherr von Arnim (1741–1804); unter den  gemeinsamen Kinder war der spätere romantische Dichter Ludwig Achim (1781–1831) verheiratet mit Bettina von Arnim (1785 – 1859). Achim von Arnim verbrachte seine Kindheit auf dem Gut Zernikow unter der Obhut seiner Großmutter, weil seine Mutter drei Wochen nach seiner Geburt verstarb. Das Gut wurde bis 1945 von Erben der Familie von Arnim bewirtschaftet. Ich mache eine kurze Rundfahrt durch das Dorf, in dem ich schon vor einigen Jahren war als ich den Fontane-Radweg gefahren bin.

Schon hinter Menz bin ich aus der Endmoränenenlandschaft herausgefahren und die Strecke wird merklich flacher und ebener. Das beschleunigt natürlich auch mein Vorankommen. Auch das Wetter wird nun angenehmer und teilweise lugt sogar die Sonne hervor. Dennoch gibt es immer wieder auch bedrohlich erscheinende Wolken, aber es bleibt dennoch für den Rest des Tages trocken. Hinter Seilershof am am Kleinen Wentow See komme ich dann wieder zurück auf den Havel-Radweg. Weiter geht es über Wentow am Großen Wentowsee. Auf den nächsten 10 Kilometern wurde hier bis 1990 Ton abgebaut und zu Ziegeln gebrannt, die dann für viele Bauten in Berlin verwendet wurden. Durch den Tonabbau sind über ein Dutzend  mittlere und kleiner Seen entstanden, deren Namen mit der Endsilbe Stich enden, was sie als ehemalige  Tonabbaugruben kennzeichnet. Hier kommt man dann auch an dem Ziegelpark Mildenberg vorbei, der das das frühere Industriegelände als Freilichtmuseum vermarktet.

Ich fahre weiter nach Zehdenick, wo ich in einer Bäckerei eine kurze Mittagspause einlege. In Zehednick komme ich wieder an die Havel und fahre nun auf einem sehr schönen Radweg etwa 15 Kilometer zwischen der Schnellen Havel und dem Havel-Voss-Kanal nach Liebenwalde. Der Abbau des Tones führte auch zum Ausbau der Havel zu einem schiffbaren Kanal.

Eigentlich wollte ich heute nach Oranienburg. Da ich dort kein Quartier gefunden habe, verschlägt es mich nun nach Wandlitz. In Liebenwalde verlasse ich daher wieder den Havel-Radweg und radle die meiste Zeit über einen gut befahrbaren Waldweg nach Wandlitz, wo ich bereits kurz nach 15 Uhr im Hotel Seeterrassen eintreffe, in dem ich für heute gebucht habe.

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