Weder in Komárno noch in Komárom gibt es sonderlich viel zu sehen, so mache ich mich gleich nach dem etwas sparsamen Frühstück auf den Weg. Meine heutige Strecke ist recht kurz. Ich möchte nach Esztergom kurz vor dem Donauknie, also dort, wo die Donau nicht weiter nach Osten, sondern nach Süden fließt. Die Strecke ist leider nicht sehr attraktiv, führt sie doch mehr als die Hälfte über dicht befahrene Straßen ohne Radweg. Wenn dann über mehrere Stunden die Lastwagen an einem recht nahe vorbeibrausen, freut man sich schon, wenn man das unbeschadet überstanden hat. Hier hilft dann wirklich nur Gottvertrauen oder Schicksalsergebenheit für die weniger Gläubigen. Auch das Wetter macht die Fahrt nicht angenehmer. Es ist bedeckt und das matte Licht hüllt die Landschaft in ein trübes grau. Es bleibt zwar trocken, aber dieses Licht trübt die Stimmung. Überhaupt scheint mir Ungarn in seinem ländlichen Raum noch etwas Farbe zu fehlen. Auch die zahlreichern Industriebrachen machen das Land nicht wirklich ansehnlich, sondern gammeln so vor sich hin. So fahre ich dahin und freue mich als ich schon am frühen Nachmittag in Esztergom bin.
Esztergom gilt als eine der ältesten Städte Ungarns. Um das Jahr 1000 herum richtete Kaiser Otto III. das Erzbistum Gran, so der frühere Name von Esztergom, zur Christianisierung des Landes ein. Fast zeitgleich mit der Gründung des Bistums wurde 1000/1001 Stephan I. zum ungarischen König gekrönt. Auf dem Burgberg entstand der erste Königspalast. Der Erzbischof wurde nun auch gleichzeitig Primas von Ungarn. Im 13. Jahrhundert wurde Esztergom durch die Mongolen belagert und zerstört. Die Hauptstadt und das Erzbistum wurden daraufhin nach Budapest verlagert. Erst Anfang des 18. Jahrhunderts nach der Befreiung von der Türkenherrschaft kehrte der Erzbischof nach Esztergom zurück. Die Stadt war weitgehend verwüstet und musste neu besiedelt werden. Eine große Zahl der Siedler bestand aus Slowaken und Deutschen.
Wichtigste Sehenswürdigkeit in Esztergom ist die klassizistische Kathedrale Mariä Himmelfahrt und St. Adalbert. Sie gilt als einer der größten Kirchenbauten Europas. Sie steht, nein thront an prominenter Stelle auf einem Felsvorsprung am Ufer der Donau und ist weithin sichtbar. Sie wurde 1838 bis 1846 gebaut und ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass sich hier einige Erzbischöfe ein Denkmal setzen wollten wie wir das ja auch heute noch gelegentlich von mehr oder weniger prominenter Seite kennen. Zugeben muss man, dass dies auf jeden Fall gelungen ist.
Ansonsten ist Esztergom eine Kleinstadt von 30 Tsd. Einwohnern und hat nicht viel zu bieten. Die Landschaft drum herum ist recht ansehnlich, weil hier das Visegrader Gebirge, dass die Donau sozusagen in die Knie zwingt, die platte pannonische Tiefebene etwas auflockert.
Übrigens habe ich heute die 3.000 Kilometermarke meiner Tour überfahren. Dennoch sind es von hier noch immer 1.700 Donaukilometer und der Radweg ist auch noch länger und hat noch fast 2.000 Kilometer. Also es liegt noch einiges vor mir. Ich habe noch nicht einmal die Hälfte der Donau geschafft. Dazu brauche ich noch etwa 200 bis 250 Kilometer. Ich vermute es wird irgendwo im Süden Ungarns sein. Aber noch ein Wort zur Donau. Wenn man bedenkt mit welchem Rinnsal es an der Bregquelle losging, welches Flüsschen es in Donaueschingen war und wie überschaubar der Fluss auch noch in Passau und auch Wien war, dann ist er inzwischen doch zu einem gewaltigen Strom angeschwollen, der mehrere hundert Meter breit ist. Manchmal erinnert mich die Donau hier schon etwas an den Mississippi. Vielleicht kann man das ja bei den heutigen Fotos nachvollziehen.
Tagesdaten: 58,44 km/04:10 Std. Fz/14,03 km/h/126 Hm aufwärts/115 Hm abwärts
Lieber Herr Kohl,
es ist schon beeindruckend, Ihre Tour im Netz mitverfolgen zu können. Ich Interesse mich nicht nur für Ihre sportlichen Leistungen auf dem Bike sondern auch für einige Begleitumstände. Die Antwort auf meine Frage warum ein Mann 30 kg Gepäck auf dem Fahrrad mitschleppt steht noch aus.
Heute interessiert mich, wie lange Sie an den Recherchen für Ihren täglichen Reisebericht und der Bearbeitung des Bildmaterials arbeiten. Natürlich ist das von Tag zu Tag unterschiedlich, aber der durchschnittliche Aufwand beträgt doch bestimmt 2-3 Stunden pro Tag. Nach wie vor ist die Präsentation auch unter didaktischen Gesichtspunkten sehr gelungen, lässt sie doch den Leser intensiv an den geographischen, kulturellen und historischen Höhepunkten des jeweiligen Streckenabschnitts teilhaben.
Darüber hinaus gewinnt der Leser auch Erkenntnisse bezüglich Ihrer Vorlieben für die täglichen Mahlzeiten. Das Frühstück hat es Ihnen offensichtlich besonders angetan. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen für heute ( da dieser Kommentar um 6.34 Uhr verfasst wird) einen guten Appetit
Beste Grüße und weiterhin viele berichtenswerte Eindrücke
Ihr Werner Hempel