Bevor es auf den Endspurt am Wochenende geht, habe ich heute noch eine recht gemütliche Tour vor mir. Ca. 73 Kilometer sind es nach Gubin an der polnisch- deutschen Grenze. Die Straßenverhältnisse sind auch ordentlich, keine Sandstrecken, nur zweimal kurze Strecken über unangenehmes Kopfsteinpflaster. Man ist aber zumindest bei der einen schon dabei, sie durch Asphalt zu ersetzen. Die Landschaft verändert sich etwas. Ich fahre durch ausgedehnte Wälder und schattige Alleen. Dazwischen immer mal wieder Felder und Weiden. Aber die Landwirtschaft dominiert nicht mehr so wie in den letzten Tagen. Als ich dann an die Oder komme, sind es nur noch 17 Kilometer bis nach Gubin. Hier gibt es eine Fährverbindung.
Leider hatte ich die Rechnung ohne die Fähre gemacht. Sie liegt zwar am Ufer aber sieht sehr verlassen aus. Mit meiner Übersetzungs-App kann ich zumindest lesen, dass die Fähre geschlossen ist. In einem nahe gelegenen Sklep, so heißen hier in Polen die überall vorhandenen kleinen Geschäfte, sitzen drei Männer beim ersten Wochenendbier. Wir finden zwar keine gemeinsame Sprache aber mit einer rigorosen Handbewegung machen sie mir klar, dass die Fähre nicht fährt. Als ich nach dem Grund frage, deutet man mir mit den Händen an, dass der Wasserstand zu niedrig ist. Nun bin ich also schlauer.
Ein Blick auf die Karte zeigt mir, dass die nächste Brücke etwa 15 Kilometer entfernt in Krosno Ordzanskie (Crossen) über die Oder führt. Es nützt ja nichts. Ich gebe die Strecke ins Navi ein und aus den 17 Kilometern bis Guben werden nun 47 Kilometer. Meine Tour heute wird sich also auf über 100 Kilometer verlängern. Ich beiße also die Zähne zusammen und radle los. Gutes Training für die nächsten beiden Tage. Gott sei Dank sind die Straßenverhältnisse nun hervorragend. Allerdings führen sie auch über zwei Schnellstraßen, die leider keine breiten Seitenstreifen haben. Die A 29 nach Krosno Ordzanski hat aber immerhin einen Fußweg, auf dem auch Radfahrer fahren können. In Krosno Ordzanskie herrscht dann heftiger Feierabend oder Wochenendverkehr. Allerdings legt der sich als ich dann auf A 32 nach Gubin komme. Heute am Freitag fahren wohl nicht mehr viele nach Westen. Lediglich aus dem Westen kommen noch mehr Fahrzeuge. Insofern kann ich die 30 Kilometer nah Gubin auch hier relativ entspannt aber auch zügig fahren.
Kurz nach 18 Uhr bin ich dann an meinem heutigen Ziel. Es ist eine Pension. Von der jungen Familie werde ich sehr freundlich empfangen und das Zimmer ist sehr schön. Die Pension scheint ganz neu zu sein. Die Zimmer sind hell und freundlich, die Einrichtung in weiß gehalten. Das Bett ist ein bequemes Boxspringbett. Zu essen gibt es in der Pension nichts. Auf Empfehlung meines Vermieters wandere ich in das etwa 1,5 Kilometer entfernte Zentrum von Gubin. Dort gibt es im Ratskeller das Restaurant „Tercet“ mit einer sehr ansprechenden Speisekarte.
Ansonsten ist auch Gubin eine große Baustelle. Im Stadtzentrum werden gerade die Straßen und Plätze erneuert. Das Rathaus stammt übrigens aus dem 14. Jahrhundert und wurde insbesondere im 16. Und 17. Jahrhundert mehrfach umgebaut und erweitert. Im Zweiten Weltkrieg wurde es zerstört aber originalgetreu wieder aufgebaut. Daneben steht die wuchtige Ruine der ebenfalls im Zweiten Weltkrieg zerstörten spätgotischen Stadt- und Hauptkirche aus dem 14. Jahrhundert. Inzwischen hat sich ein deutsch-polnischer Förderverein zum Wiederaufbau der Kirch gebildet.
Nachdem ich mich im Restaurant gestärkt habe, wandere ich zurück in mein Quartier.
Tagesdaten: 103,67 Km; 07:48:25 Std. Fz.; 13,27 Km/h; 367 Hm