In der Pension „Pause“ in Gubin gibt es auch am Samstag schon um 7:30 Uhr ein hervorragendes Frühstück. Die Pension ist ein Familienbetrieb. Vier Frauen bzw. junge Mädchen und ein Mann. Die oberste Etage des Hauses ist mit vier Zimmern für Pensionsgäste ausgestattet. Das Frühstück ist wieder hervorragend, mit allem, was der Magen so am Morgen begehren könnte.
So komme ich bereits kurz nach 8 Uhr los. In einem nahe gelegenen, kleinen Supermarkt decke ich mich noch mit Proviant für das Wochenende ein. Zum einen will ich mein polnisches Geld los werden, zum anderen muss man ja auch damit rechnen, dass es in Deutschland wieder schwieriger sein wird, am Wochenende, insbesondere am Sonntag, etwas einzukaufen. Hier unterscheidet sich Deutschland inzwischen wohl von fast allen europäischen Ländern. In allen Ländern, die ich besucht habe, außer in Norwegen, war es sonntags kein Problem einzukaufen. Aber diese heilige Kuh der deutschen Ladenöffnungszeiten hält sich bei uns doch recht zäh und lange. Von den Interessenvertretern der Gewerkschaften bis zu den Kirchen hält sich hier eine Front derer, die in dieser Frage sehr unbeweglich sind. Mal sehen wie lange das noch hält.
Die Grenze liegt nur etwa zwei Kilometer von meiner Pension entfernt. Der Grenzübertritt ist unspektakulär. Man fährt auf einer Brücke über die Neiße und ist statt im polnischen Gubin im deutschen Guben. Dennoch ist der Grenzübertritt für mich nach so langer Zeit etwas bewegend. Irgendwie fühle ich mich als würde ich wieder nach Hause kommen und ich fühle mich wie immer bei solchen Gelegenheiten an die ersten Zeilen von Heinrich Heines „Deutschland, ein Wintermärchen“ erinnert, die ich so gut nachfühlen kann. Deutschland ist mir einfach vertrauter und damit näher als alle anderen Länder. Natürlich finde ich Deutschland auch sehr schön und vielfältiger als die meisten anderen Länder. Aber da sind natürlich auch viele Emotionen dabei und natürlich relativieren sich diese auch wieder. Die Ereignisse, die sich gerade in Chemnitz abspielen, sind sicher nicht geeignet, dieses Land noch uneingeschränkt zu lieben.
Für einen Radfahrer über Brandenburg nach Deutschland zu kommen, ist noch mal ein besonderer Genuss. Brandenburg hat mit Abstand das beste Fahrradwegenetz in Deutschland und selbst durch die Wälder geht es auf asphaltierten Fahrradwegen. So komme ich zügig voran und da es noch etwa 210 Kilometer bis nach Hause in Leipzig sind, will ich heute möglichst viel davon machen. Die äußeren Bedingungen sind auch sehr günstig. Zwar ist es bewölkt, aber damit auch nicht zu warm; die Strecke ist recht flach und der Wind ist sehr zurückhaltend. Ich komme also sehr gut voran und kann fast auf einer Ideallinie durchs südliche Brandenburg in Richtung Sachsen und Leipzig fahren. Dabei hat mir Komoot eine Tour vorgeschlagen, die die größeren Städte wie Cottbus meidet, so dass man dort keine Zeit verliert. So geht es dann zunächst durch den Spreewald und die nördliche Lausitz. Nach etwas über 60 Kilometern lege ich in Vetschau eine Mittagspause ein. Hier ist gerade Stadtfest, so dass ich mir an einem der Stände ein Portion Nudeln mit Wurstgulasch und einen Kaffee gönne. An die deutschen Preise muss ich mich dabei erst wieder gewöhnen.
Als mögliches Quartier hatte ich mir einen Gasthof in Doberlug-Kirchhain ausgeguckt, der etwa so nach 110 Kilometern lag. Da ich bereits kurz vor 16 Uhr die 100 Kilometer erreicht hatte, schaute ich, ob ich noch etwas weiterfahren könnte. So fand ich in Falkenberg/Elster im Hotel Kronprinz eine preiswerte Unterkunft, musste aber noch etwas über 30 Kilometer fahren. Das war jedoch kein Problem, obwohl inzwischen leichter Nieselregen einsetzte. In Doberlug-Kirchhain konnte ich dann feststellen, dass die Kleine Elster, ein Nebenfluss der Schwarzen Elster, inzwischen ausgetrocknet ist. Der asphaltierte Radweg führte dann etwa 10 bis 15 Kilometer durch einen Wald des Naturparks Niederlausitzer Heide, vorbei an der ehemaligen Lausitzkaserne, die heute wohl als Asylantenunterkunft dient und eine lange Reihe von Asylanten offensichtlich vom Wochenendeinkauf zurück in die Unterkunft wanderten. Wandern ist hier wohl auch das richtige Wort, denn die Kaserne liegt schon einige Kilometer von Doberlug-Kirchhain entfernt. Während ich vorher bereits durch Calau gefahren war, fuhr ich nun auch noch durch Schilda bevor ich gegen 18:30 nach 134 Kilometern im Kronprinzen in Falkenberg ankam.
Dort erwartete mich schon meine liebe Frau Heidrun, die mir kurz vorher angekündigt hatte, dass sie mir heute entgegenkäme. Das war wirklich eine freudige Überraschung und wir haben einen sehr schönen Abend im Kronprinzen verbracht.
Tagesdaten: 134,29 Km; 08:50:12 Std. Fz.; 15,19 Km/h; 354 Hm