So, nun habe ich mich durchgerungen, meine Fahrradtour hier in Stettin zu beenden. Bei Temperaturen um die 30 Grad macht das Radeln dann auch keinen Spaß mehr. Ich möchte aber doch bis Sonntag noch in Stettin bleiben, um die Stadt, die mir wirklich immer mehr gefällt, noch etwas näher kennen zu lernen. Stettin hat wohl lange Zeit nach 1945 eine Schattenexistenz geführt. Obwohl einst Hafen von Berlin, war die Stadt in Deutschland fast vergessen und führte auch in Polen eine Randexistenz und immer von der Befürchtung begleitet, ob sie nicht irgendwann wieder Deutschland bzw. der DDR zugeschlagen würde. So prägte ein „starkes Gefühl der Vorläufigkeit“ die Stadt. Dies befürchteten vor allem natürlich die hier nach 1945 angesiedelten Polen und Ukrainer. So führte Stettin ein Schattendasein, das im polnischen Städtevergleich auf den Punkt gebracht wurde, wenn es heißt: Krakau hat den Wawel, Breslau hat das Rathaus und Stettin hat Pech. Das war nicht immer so. Und es soll sich jetzt ändern. Besser noch: Die Veränderungen haben längst begonnen.
Zu den Veränderungen gehört auch, dass wie in den meisten Orten der polnischen Westgebiete auch in Stettin nach 1989 ein langsames Umdenken hinsichtlich der nach 1945 tabuisierten, vorwiegend deutschen Vergangenheit einsetzte. Hierzu möchte ich auf zwei Berichte verweisen, die diese Veränderungen beschreiben. Einmal ein Artikel aus der Neuen Züricher Zeitung aus dem Jahre 2016. https://www.nzz.ch/feuilleton/aktuell/stettin-erwacht-zu-neuer-bluete-das-starke-gefuehl-der-vorlaeufigkeit-ld.13567 und der eher an der wirtschaftlichen Entwicklung orientierte OWC-Bericht aus dem Jahre 2014 https://owc.de/2014/06/03/regionalportraet-szczecin-auf-der-suche-nach-der-verlorenen-zeit/.
Natürlich habe ich diese Stadt bisher nur flüchtig kennengelernt. Aber sie gehört auf jeden Fall zu den Städten, die ich wieder besuchen möchte. Wenn ich durch die Stadt gehe, habe ich immer die Assoziation mit zwei anderen Städten: Paris und Hamburg. Die Gründe dafür erschließen sich dann beim weiteren Studium der Stadt. Übrigens: Die Zukunft hat hier wirklich begonnen! Das erste und bisher einzige Mal war ich 2011 hier. Schon was sich seitdem getan hat ist beachtenswert. Stettin ist inzwischen eine sehr lebendige, junge, kulturell aufgeschlossene und der Zukunft zugewandte Stadt geworden. Man kann sich hier richtig wohlfühlen. – Und viel Sehens- und Besuchenswerte steht jetzt noch auf meiner Liste, was ich noch nicht sehen konnte. Im Hinblick auf die neue Philharmonie schrieb mir neulich ein Freund: „Ich habe schon mehrere Konzerte dort erlebt. Auch innen sehr schön und die Akustik ist, soweit ich das beurteilen kann, hervorragend. Die teuerste Karte kostete 17 €. Damit kann man Interessierte in die klassische Musik locken“. Na dann, auf nach Stettin!
Die Touristische Stadtroute
Die Fotos der folgen der etwa sieben Kilometer langen touristischen Route zu den interessantesten Sehenswürdigkeiten von Stettin. Die gesamte Strecke ist übrigens mit einer roten gestrichelten Linie auf dem Bürgersteig markiert und daher nicht zu übersehen. An den Sehenswürdigkeiten findet man jeweils mehrsprachige Informationstafeln (polnisch, deutsch, englisch). Der Rundgang beginnt am Stettiner Hauptbahnhof.
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Der jüngst (2014-2016) sanierte Hauptbahnhof von Stettin
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Das neogotische Postgebäude aus den Jahren 1901 bis 1905 war seinerzeit sitz der Pommerschen Oberpostdirektion
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Links das Alte Rathaus mit der Fassade zum Heumarkt. Es stammt aus dem 14. Jashrhundert und wurde nach seiner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wieder restauriert. Im Inneren befindet sich heute ein Stadtmuseum ubnd ein Restaurant.
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Typische pommersche Wasserpumpe. Man sieht sie überall rund um das Stettiner Haff
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Der Heumarkt mit den rekonstruierten historischen Fassaden an der Ostseite. Auf der Westseite wird noch gebaut
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Erinnerungstafel an Alfred Döblin, der hier in Stettin geboren wurde
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Der Loitzenhof am Rand des Heumarktes enststand 1547 im Stil der Spätgotik für die seinerzeit wolhabende Kaufmanns- und Bankiersfamilie Loitz. Wegen der Nichtrückzahlung hoher Kredite an König Sigismund II. August (1520-1572) und Kurfürst Joachim II. von Brandenburg (1505-1571) nach deren Tod g das Unternehmen 1572 in Konkurs und die Eigentümer mussten aus Stettin fliehen,
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Der Zugang zum Schloss der Pommerschen Herzöge. Der Turm im Vordergrund ist der Turm der Schlosskirche. Das Schloss wurde im Zweiten Weltkrieg fast völlig zerstört, aber in den 1980er Jahren im Stil der Renaissance rekonstruiert. Ein Flügel des Schlosses dient heute als Opernhaus und im großen Schlosshof finden im Sommer Freiluftkonzerte statt.
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Der große Schlosshoff. Es wird schon für das nächste Konzert aufgebaut
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Bogislaw X. (1454-1523) mit seiner dritten Ehefrau Anna von Polen ( 1476-1503) anlässlich ihrer Hochzeit 1491. Nach zwei kinderlosen Ehen hatte er mit Anna insgesamt 8 Kinder. Unter Bogislaws Regierung war ganz Pommern ab 1478 wieder unter einem Herrscher vereint.
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Der Herzogliche Reitstall
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Blick von der Oderbrücke auf die Altstad
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Graffiti in Stettin
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Eines der Wahrzeichen von Stettin ist sicher das Gebäudeensemble der Hakenterrasse. Sie wurde 1902 bis 1907 am westlichen Oderufer gebaut. Bernannt ist sie nach Hermann Haken (1828-1916), dem wohl bedeutendsten Oberbürgermeister von Stettin, der die Stadt von 1878 bis 1907 regierte und in dessen Amtszeit der Bau der Hakenterrasse fiel. Die beiden bedeutendsten Gebäuder der Haskenterrasse sind sicher das Stettiner Nationalmuseum und das Woiwodschaftsamt Westpommerns. Die beiden anderen Gebäude der heutigen Seefahrtsakademie waren früher das Landesfinanzamt Pommern und die Landesversicherungsanstalt Pommern.
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Das Stettiner Nationalmuseum
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Das Zugangsportal
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Detailornamente am Zugangsportal
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Das Woiwodschaftsamt
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Das Zugangsportal des Woiwodschaftsamtes
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Der Platz mit dem Adam-Mickiewicz-Denkmal
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Adam Mickiewiecz (1798-1855) gilt als bedeutendster Dichter der Polnischen Romantik und als Nationaldichter Polens zur Zeit der Nichtexistenz eines polnischen Nationalstaats
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Der 2016 neugestaltete Platz der Solidarnocz. Im Hintergrund links die gotische Sankt-Peter-und-Paul-Kirche, die in ihrer Gründung auf das frühe 12. Jahrhundert zurückgeht und als die älteste Kirche der Stadt und des christlichen Pommerns gilt. Im Hintergrund in der Mitte der Kirchturm der Schlosskirche der Pommerschen Herzöge.
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Der nun hügelige Platz der Solidarnocz beherbergt in seinem Untergrund das Dialogzentrum Umbrüche, einen Ausstellungspavillon des Nationalmuseums in Stettin, wo die jüngste Geschichte Stettins und Pommerns präsentiert wird, mit dem besonderen Schwerpunktauf die sozialen Rebellionen und bahnbrechenden Ereignisse in den 1970-1971er, 1980-1981er und 1988-1989er Jahren. Das hier nur unzureichend wiedergegebene Gebäude wurde 2016 als World Building of the year ausgezeichnet
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Das Polizeipräsidium
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Die Philharmonie von Stettin wurde 2014 eröffnet. Architekten waren die Spanier Fabrizio Barozzi (*1976) und Alberto Veiga (*1973) aus Barcelona. Das Gebäude wurde 2015 als schönstes Gebäude Europas ausgezeichent.
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Blick vom Platz der Solidarnocz auf die Professorenhäuser und im Hintergrund der Turm der Jakobskathedrale
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In diesem Haus wurde die spätere Zarin von Russland, Katharina die Große, 1729 geboren. – Sieht man dem Haus gar nicht an, scheint aber in der Bausubstanz noch das dammalige Gebäude zu sein.
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Die Jakobskathedrale. Neben dem Dom von Cammin ist sie eine der beiden Kathedralkirchen des Erzbistums Stettin-Cammin. Die Kirche wurde in Etappen vom 13. bis zum 15. Jhd. gebaut. Die Turmhaube in ihrer heutigen Gestalt wurde erst bei Umbauarbeiten so gestaltet.
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Das Hauptportal
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Blick durch den Innenraum zu Altarraum
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Der Altar
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Die Orgel
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Die Kapelle für Papst Johannes Paul II. Er erhob die Kirche 1983 in den Rang einer Basilica Minor.
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Blick von der Aussichtsplattform der Jakobskathedrale über Stettin. Rechts das Schloss der Pommerschen Herzöge. Dahinter die Gebäude der Hakenterrasse.
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Blick über das Schloss der Pommerschen Herzöge auf das Stettiner Ha
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Blick auf den rekonstruierten Teil der Altstadt. Links in der Mitte das Altte Rathaus
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Blick auf die Medizinische Universität und das Neue (rote) Rathaus
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Blick in Richtung der Neustadt
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Die Statue der Flora
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Der Adlerbrunnen
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Der Grumbkow-Palast, erbaut 1724/25 als Sitz des damaligen Regierungspräsidenten des (preußischen) Herzogtums Pommern, Philipp Otto von Grumkow. 1759 wurde die spätere russische Zarin Maria Fjodorowna, die spätere Ehefrau von Zar Paul I. geboren. …
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… Wegen seines Giebelaufsatzes wird es heute Plac pod Globusem („Palöais unter dem Globus“) genannt.
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Der Velthusen Palast wurde vom neiderländischen Kaufmann Georg Christian Velthusen erbaut. Heute behebergt er eine Musikhochschule
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Diets Palast. Früherer Sitz des Pommerschen Ständehauses und seit 1928m Teil des Pommerschen Landesmuseums
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Die Herz-Jesu-Kirche wurde 1913 bis 1919 als erstes Gotteshaus in Deutschland in Stahlbetonbauweise errichtet.
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Innen zur Zeit in Restauro
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So sah es hier vor acht Jahren aus.
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Beindruckender Jugendstielbau neben der Herz-Jesu-Kirche.
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Ehermalige Bugenhagen-Kirche wurde 1906 bis 1909 erbaut. Seit 1945 ist sie die katholische St. Adalbert-Garnisonskirche.
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Das Berliner oder Hafentor. Seinerzeit Zugang zu einer von den Preußen errichteten Festung. Heute beherbergt das Tor ein Theater
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Die Medizinische Universität
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Das Neue (rote) Rathaus wurde 1879 im neugotischen Stil vollendet. Die Zugangsseite des Neuen Rathauses. Hier residierten die beiden bedeutendsten Oberbürgermeister Stettins, nämlich Herrmann Haken (1878-1907) und sein Nachfolger Friedrich Ackermann (1907-1931).
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Haupzugang zum Neuen Rathaus. Bis 1945 hatte hier die deutsche Stadtverwaltung ihren Sitz. Nach der Zerstörung des Gebäudes in den letzten Moinaten des Zweiten Weltkrieges, wurde es in den 1960er Jahren wiederaufgeabaut. Heute befindens hier nur noch einige Ämter und Institutionen Die Kasematten an der Südseite des Gebäudes dienen heute als Markthalle.
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Das Hauptportal des Neuen Rathauses. In den Nischen sind allegorisch die vier Fundamente der Stadt dargestellt: Die Industrie, die Landwirtschaft, die Wissenschaft sowie die Seefahrt
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Der Ankerbrunnen auf dem Rathausplatz. Er wurde 1898 von dem Bildhauer Ludwig Manzel errichtet. Im Mittelpunkt Brunnens stand die Frauenfigur „Sedina“ – eine allegorische Verkörperung der Stadt. Die Kupferfigur wurde 1942 eingeschmolzen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Brunnen mit einem Anker statt der Sedina neu errichtet. Es gibt aber wohl BNestrebungen, die Figur der Sedina wieder zum Mittelpunkt des Brunnens zu machen.
Die Goldene Route: Aleja Papieza Jana Pawla II. – Die Avenue des Champs Élysées in Stettin
Nirgendwo in Stettin wird der Einfluss des französischen Stadtplaners Georges-Eugène Baron Haussmann so deutlich wie auf der Aleja Papieza Jana Pawla II., die zu deutschen Zeiten auch Kaiser-Wilhelm-Straße und von 1945 bis 2007 Allee der nationalen Einheit hieß. Der Begriff „Goldene Route“ ist die Bezeichnung der Stadt Stettin. Sie führt vom Plac Zolnierza Polskiego über den Platz Lotników bis zum zentralen Plac Grunwaldzki und weiter zum Plac Jasne Blonia. Ähnlich wie in Paris gehen von den großen Plätzen sternenförmig Straßen ab. Ob Haussman an der Planung dieser Straßen in irgendeiner Weise beteiligt war, konnte ich bisher noch nicht herausfinden. Dass man sich ihn zum Vorbild nahm wird aber in den touristischen Informationen der Stadt allseits betont.
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Das moderne Stettin: Die Galeria Kaskada.
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Der Beginn der Aleja Papieza Jana Pawla II. Hier sollte eigentlich das Denkmal zum Dank an die Sowjetischen Soldaten stehen. Der Platz wir aber offensichtlich gerade umgestaltet. Mal sehen, ob das Denkmal wieder aufgestellt wird. So ganz passt es ja nun nicht mehr zum polnischen Zeitgeist.
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Etwas weiter auf der Allee stehen nun offensichtlich zu beiden Seiten Häuser, die nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg errichtet wurden.
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Ein Teil der Allee trägt auch die Bezeichnung Brunnenallee.
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Je weiter man sich vom Zentrum entfernt um so mehr kommt noch die erhaltene usprüngliche Bebauung zu Geltung.
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Hier sieht man dann doch eine sehr beispielhafte städtische Gründerzeitarchitektur.
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Das Seemannsdenkmal am Plac Grunwaldzki
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Die Bebauung am Plac Grunwaldzki
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Einige hundert Meter Weiter das Gebäude des Rektorats der Stettiner Universität. Es wurde zwischen 1885 und 1888 zunächst als städtische Friedrich-Wilhelm-Gymnasium errichtet. Die Fassade besteht aus glasierten Ziegeln.
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Das Eingangsportal des Rektoratsgebäudes.
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Am Ende der Aleja Papieza befindet sich das Gebäude der heutigen Stadtverwaltung. Das Gebäude wurde in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts im neobarocken Stil entworfen un beherbergte ursprünglich wohl den Landtag der Provinz Pommern.
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Hinter dem Gebäude der Stadtverwaltung öffnet sich quasi als grüne Lunge der Plac Jasne Blonia, der früher Quinsorp-Aue hieß unbd auf eine Schenkung des ZementfabrikantenJohannes Quistorp zurückgeht. Die Schenkung erfolgte unter der Bedingung, dass sie für Immer von Bebauung freizuhaltenb sei.
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Auf diesem Platz feierte Johannes Paul II. 1987 mit rund einer Million Gläubigen die heilige Messe.
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Gesäumt wird der Platz im Westen von einer dreireihigen und im Osten zweireihigen Platanenallee.
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Die Bronzestatue des Papstes steht hier seid 1995
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Am Ende des Plac Jasne Blonia gelangt man dan auch an das „Denkmal der Taten der Polen“: Es stammt von Gustaw Zemla und wurde 1979 eigeweiht.
Abendspaziergang
Die letzten Abende konnte ich doch feststellen, dass der Herbst insofern naht, dass es abends immer früher dunkel wird. Inzwischen ist es schon um 21 Uhr fast dunkel. Dies motivierte mich heute, an meinem letzten Tag in Stettin, einen Abendspaziergang zu machen und die Stadt bei Dunkelheit fotografisch zu erfassen.
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Blick von der Hakenterasse über die Oder
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Blick vom Oderufer auf das Nationalmuseum
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Blick von der Oderbrücke auf die Hakenterrasse
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Blick die Oder aufwärts
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Die Altstadt mit dem Schloss der Poimmerschen Herzöge und der Jakobuskathedrale
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Die Frauenbastei (Siebenmatelturm)
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Die Professorenhäuser
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Der „Engel der Freiheit“ steht seit August 2005 hier auf dem Platz der Solidarnosc. Er wurde zum 25. Jahrestag der Entstehung der Gewerkschaft Solidarnosc enthüllt.
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Die Philharmonie
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Das Königstor