67. Tag: 08.06.2017 Belgrad

von 10. Juni 2017Aktuelles

Der Schlaf bleibt weiter unterbrochen von Besuchen auf der Toilette. Dennoch fühle ich mich heute Morgen merklich wohler und auch wieder gestärkt. Gestern Abend hatte ich das erste Mal wieder ein wenig gelesen: Jefrey Archers Clifton Saga, die ich auf meinem eReader bei mir habe. Ich stehe zwar erst spät auf, aber ich merke, die Kräfte kehren langsam zurück, sehr langsam aus meiner Sicht. Ich gehe wieder zur fitBar und möchte mir einen Bananenbrei mit geriebenem Apfel zubereiten lassen. Die Kommunikation misslingt etwas. Ich bekomme Bananenscheiben geschnitten und dazu Apfelstückchen. Ich lasse es gut sein, kauen führt ja schließlich auch zur Verbreiung und so versuche ich wider meine Gewohnheit nicht zu schnell alles runterzuschlucken, sondern ausgiebig zu kauen. Das gelingt sogar teilweise. Als ich zurück ins Hotel komme, muss ich mich erst mal wieder hinlegen und schlafe zwei Stunden. Gegen Mittag lese ich dann im Bett. Die Clifton Saga hat den Vorteil, dass sie einen so fesselt, dass man das Buch, selbst wenn es ein eReader ist, kaum noch aus der Hand legen kann. Ich betrachte dennoch die Tatsache, dass ich wieder lesen kann als wichtigen Schritt zu meiner Gesundung.

Dennoch beginne ich mich mit der Frage zu beschäftigen, ob ich nicht meine Tour hier in Belgrad beenden sollte. Der schwierigste Teil liegt sicher jetzt noch vor mir. Francoise, die Französin, der ich vor einigen Wochen begegnete, schreibt mir gelegentlich aufmunternde Whatsapps. Sie ist mir inzwischen etwa 10 Tage voraus. Aber sie schildert auch die Anstrengungen. So blieb sie wohl irgendwo in Bulgarien bei Regen im Schlamm stecken. Auch die Möglichkeiten, sich einen Magen-Darm-Virus einzufangen, werden sicher nicht abnehmen. Und ist dann mein Immunsystem schon wieder soweit hergestellt, dass ich nicht für jeden Virus im wahrsten Sinne des Wortes ein gefundenes Fressen bin. Diese Gedanken gehen mir durch den Kopf.

Nachmittags mache ich mich dann auf den Weg zu einem längeren Spaziergang. Da ich nun morgen umziehen werde, inzwischen habe ich auch eine neue Unterkunft in etwa 2 Km Entfernung gebucht, will ich mir zumindest die nahegelegene Festung von hier aus noch einmal anschauen, die als eine der Hauptsehenswürdigkeiten von Belgrad gilt. Ich selbst wohne übrigens direkt in einer weiteren Hauptsehenswürdigkeit von Belgrad, dem Künstlerviertel Skardalija. Und wie das in Künstlervierteln so ist, zeichnen sie sich nicht nur durch Ateliers und Galerien, sondern auch durch ein lebendiges Kneipenleben aus. Und da ich direkt in der Straße Skardalija wohne sind auch die besseren Restaurants genau hier am Ort: Es ist ein Trauerspiel!

Ich bin noch immer recht wackelig auf den Beinen, aber es tut gut, sich endlich mal wieder zu bewegen. Gedankenverloren klettere ich irgendwann sogar auf eine breitere Mauer ohne Geländer, um ein besseres Foto machen zu können. Erschrecke aber dann doch etwas, ob das in meinem Zustand tatsächlich so sinnvoll ist. Aber es geht gut. Bei der Festung würde ich ansonsten sagen: Alle Festungen sind irgendwie gleich. Allerdings ist es auch ganz hübsch durch die ausgedehnten Anlagen, die heute als Parks und Grünanlagen gestaltet sind, zu streifen, den Blick auf die Donau und Save zu genießen und die Seele baumeln zu lassen. Die sich seit dem 19. Jahrhundert entwickelnden Parkanlagern auf der Festung heißen Kalemegdan. Hier befinden sich viele Denkmäler und Skulpturen. Da ich nichts lesen kann, bleibe ich blöd. Außerdem befinden sich heute im Kalemegdan ein Kunstpavillon, Sport- und Kinderspielplätze, das Militärmuseum und Restaurants.

Nach anderthalb Stunden des Herumschlenderns auf der Festung verspüre ich Hunger. Ich beschließe mein Abendessen in der nahegelegenen fitBar einzunehmen. Ich taste mich langsam voran. Zunächst gibt es natürlich mein Immunfitdrink Karotten mit Apfel. Dann bestelle ich eine Portion gegrilltes Gemüse. Es schmeckt herrlich. Endlich mal wieder was Vernünftiges zwischen den Zähnen und so lege ich nach, denn gesättigt fühle ich mich nach der kleinen Portion noch nicht. Ich nehme also noch mal das gegrillte Gemüse und lasse mir dazu ein kleines gegrilltes Truthahnfilet servieren. Es war einfach köstlich. Meine Begeisterung bringe ich offensichtlich durch ein für hiesige Verhältnisse großzügiges Trinkgeld zum Ausdruck. Ich bin inzwischen ein zwar etwas merkwürdiger aber gern gesehener Gast in der fitBar. Allerdings scheint mein Magen-Darm die Begeisterung nicht ganz zu teilen. Und so versuche ich doch recht zügig wieder meine Unterkunft zu erreichen. Mit letzter Not komme ich in meinem Quartier an, bin aber dennoch glücklich, dass ich mir das gegönnt habe.

Den Abend verbringe ich mit der Clifton Saga. Als ich sie gegen Mitternacht beendet habe, falle ich bald in einen Tiefschlaf.

 

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